Schon mehr tote Bäume als bei Kyrill
Dürre, Stürme, Borkenkäfer: Umweltministerium geht mittlerweile von 16 Millionen Kubikmetern Schadholz allein in Nordrhein-Westfalen aus. Behörden: Vorsicht im Wald
Schmallenberg. Die Krise des deutschen Waldes spitzt sich zu. Die Folgen von Stürmen, Dürre und Borkenkäferbefall verursachen immer größere Schäden. Das Landesumweltministerium musste die Zahlen für NRW jetzt erneut nach oben korrigieren. Demnach gehen die Fachleute mittlerweile von 16 Millionen Kubikmetern Schadholz allein bei der Fichte aus. Das entspricht etwa 20 Millionen Bäumen. Auch die eigentlich als widerstandsfähiger geltende Buche gerät zunehmend in Not. Hier beläuft sich der Schaden auf 500.000 Kubikmeter. Damit ist die Menge des registrierten Schadholzes in den vergangenen vier Wochen insgesamt um über 40 Prozent gestiegen.
Zum Vergleich: Dem Orkan Kyrill im Januar 2007 fielen zwölf Millionen Kubikmeter zum Opfer. „Die Schadensentwicklung unterstreicht, dass jetzt Hilfe auf allen Ebenen erforderlich ist“, heißt es aus dem NRW-Umweltministerium. Noch gehen Experten nicht davon aus, dass sich das sogenannte Waldsterben 2.0 negativ auf den Tourismus in Südwestfalen auswirken könnte. „Bisher gibt es kaum entsprechende Rückmeldungen von Gästen", sagte Thomas Weber, Geschäftsführer von Sauerland Tourismus. Aber er warnt: "Den Spruch, Land der tausend Berge - demnächst ohne Wald, den möchte sich niemand ausmalen.“ Touristiker und Forstbehörden bitten Wanderer und Radfahrer angesichts der geschwächten Bäume und der aktuellen „Aufräumarbeiten" im Wald um besondere Aufmerksamkeit. „Den Buchen sieht man nicht immer an, dass sie geschwächt sind; es können Äste abbrechen", sagt Frank Rosenkranz, Leiter des Regionalforstamtes Oberes Sauerland. Gefahrenbereiche, in denen Bäume gefällt werden, seien unbedingt zu meiden. Rosenkranz: „Das Betreten des Waldes geschieht auf eigene Gefahr."
Der Borkenkäfer geht jetzt übrigens in die Winterpause. Bittere Kälte macht ihm allerdings nichts aus. ,,Wir hoffen auf einen milden und feuchten Winter'', sagt Hans von der Goltz, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft. Das führe zur Bildung von Pilzen. Und die behagen dem Käfer ganz und gar nicht.
Saurer Waldboden schädigt die Wurzeln
Nach wie vor ein großes Problem für den Wald ist die Versauerung der Böden. „Auf einem Drittel der Waldfläche in Deutschland ist der Boden sauer", sagt Klaus von Wilpert von der Interessengemeinschaft Waldbodenschutz. Die Säure schädige die Wurzeln der Bäume. Wilpert fordert deshalb eine verstärkte, den Standorten angepasste Kalkung der Waldflächen.
26.11.2019, Herloher Kreisanzeiger und Zeitung, Martin Korte