Aktuell: Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Wälder

Die IG Waldbodenschutz im Gespräch mit Jens Stange zu den Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Wälder.

IG Waldbodenschutz: Im Juli hat es in vielen Regionen wieder mehr geregnet. Droht uns trotzdem wieder ein Dürrejahr?

Auf dem Foto von links nach rechts: Eike Siefarth, Dipl. Forsting. (FH); Dr. Frank Liemandt, Sprecher der IG Waldbodenschutz und Jens Stange

Jens Stange (JS): Die Wetteraufzeichnungen der letzten Jahre geben leider keine Entwarnung. Ganz im Gegenteil: Die Prognosen deuten darauf hin, dass der Klimawandel die Problematik weiter verstärken wird. So könnten die Wasser-Vorräte auch in diesem Sommer knapp werden. Und das hat auch große Auswirkungen auf unseren Wald. Denn wenn sich der Wasserhaushalt unserer Waldstandorte weiter verschlechtert, wird sich langfristig auch die natürliche Baumartenzusammensetzung entsprechend ändern. Kurzfristig steigt natürlich die Waldbrandgefahr mit Trockenheit an. Bei trockenem Untergrund verbreitet sich ein Feuer rasend schnell und gerät somit leicht außer Kontrolle.

Der Klimawandel und seine Folgen haben den deutschen Wald also fest im Griff? Wie steht es um den Wald in Deutschland?

JS: Die Häufung und Verschärfung von Witterungsextremen, wie Hitze, Trockenheit und Stürme stellen eine große Gefahr für den Wald dar. Dadurch werden die Bäume geschwächt und ein Schädlingsbefall z.B. durch Insekten hat leichteres Spiel.

So nehmen - laut Waldzustandserhebungen der Forstverwaltungen - zum Beispiel die Blatt- und Nadelverluste unserer Bäume zu. Auch der jüngste Waldschadensbericht der Bundesregierung ist alarmierend: Auf Grund der Dürreperioden 2018-2020 hat sich die Situation der Kronen weiter verschlechtert. Nur noch rund 20 Prozent sind ohne Schäden! Insgesamt verschlechtern sich alle Werte seit Beginn der Erhebung 1984 wieder deutlich. Gerade Fichten und Kiefern sind stark betroffen. Hier wird besonders deutlich, dass die Dürreperioden sie nicht nur austrocknen ließen, sondern damit auch den Borkenkäfern in den geschwächten Bäumen optimale Brutmöglichkeiten boten. Um eine weitere Ausbreitung einzudämmen, müssen die betroffenen Bäume gefällt und aus dem Wald gebracht werden. Damit der Wald fit für die Zukunft wird, muss er vor allem widerstandsfähiger werden. Entsprechend wird der Waldumbau weg von reinen Nadelwäldern immer wichtiger. Mischwälder sind stabiler, allerdings auch in der Bewirtschaftung deutlich weniger ertragreich.

Doch bei allen Maßnahmen ist vor allem auch ein Blick auf den Zustand der Böden unvermeidlich. Waldumbau und auch eine Revitalisierung von Altbeständen kann nur gelingen, wenn die Böden in einem guten Zustand sind, d.h. nicht übersäuert. Nur so können die Bäume in die tieferen Wurzelschichten vordringen, um an die dortigen besser vor Hitze und Trockenheit geschützten Wasservorräte zu gelangen. Auch die wichtige Regenwurmpopulation ist in pH-neutralen Böden deutlich aktiver.

Was bedeutet das für Waldbesitzer?

JS: Der Klimawandel bedroht nicht nur den Lebensraum Wald und damit auch seine gesamte Artenvielfalt, sondern auch seine Funktionen, wie beispielsweise die Erholungs-, die Klimaschutz-, die Bodenschutz- und die Nutzfunktion. Der Klimawandel gefährdet einzelne Baumarten und dadurch auch ganze Waldökosysteme. Die Anfälligkeit der Forstwirtschaft gegenüber dem Klimawandel wird zurzeit vor allem am Beispiel der Fichte deutlich. Die in Deutschland häufigste Baumart ist wirtschaftlich besonders bedeutsam, da sie wuchskräftig und ihr Holz sehr vielseitig verwendbar ist. Sie wurde allerdings in der Vergangenheit oft außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes angebaut. Wir haben mittlerweile Situationen, wie wir sie früher nur aus Südeuropa kannten. D.h. bereits ab Ostern wird vielfach die Waldbrandgefahr auf „höchste Stufe“ gesetzt und die Zahl der Waldbrände nimmt jedes Jahr zu. Laut Umweltbundesamt war zuletzt eine Fläche von 2.711 Hektar von Waldbränden betroffen. Das ist ein trauriger Rekord und die größte Zahl seit 27 Jahren!

Wie können sich Waldbesitzer gegen diese Veränderungen schützen?

JS: Die Gefahr von Waldbränden wird in Deutschland häufig unterschätzt. Dabei sind die Folgen oft fatal. Neben der Beschädigung des Waldbestandes kommen auf Waldbesitzer unter Umständen hohe Kosten für die Wiederaufforstung hinzu. Allein in Deutschland entstehen im Durchschnitt jährlich mehr als 1.000 Waldbrände.

Finanziell gilt es für den Waldbesitzer zunächst die finanziellen, gravierenden bis hin zu existenzbedrohenden Auswirkungen abzusichern. Die Münchener & Magdeburger Agrar bietet Waldbesitzern mit der Waldbrand- und Sturmversicherung Schutz vor den finanziellen Folgen bei Brand, Blitzschlag und Sturmereignissen wie Orkane und Tornados.

Daneben sollte aber auch unbedingt mittel- bis langfristig der Wald durch vom Staat oder Land geförderte Investitionen geschützt werden. Das beste Mittel sind Kalkungen aus der Luft, die die Säurebelastung des Bodens kompensieren und damit einen wertvollen Beitrag für den langfristigen Schutz der Bestände leisten. Das ist jüngst wieder wissenschaftlich belegt und gut aufbereitet worden z.B. in einer Artikelserie der AFZ-DerWald.

Und umgekehrt: Welche Rolle spielt der Wald fürs Klima?

JS: Der Wald leistet unglaublich viel für unser Klima. Er bindet CO2, kühlt und liefert klimaneutralen, nachhaltigen Rohstoff, der regional vorrätig ist, d.h. es entfallen zusätzlich Transportwege und er ist Erholungsraum für alle. Diesen Aspekt sieht nun auch die Bundesregierung und es wird entsprechend eine Honorierung der Ökosystemleistung der Wälder und entsprechend der Waldbesitzer geben. Dies bedeutet eine „zweite zusätzliche finanzielle Unterstützung“, die ab 2023 flächendeckend eingeführt werden soll. So hat dies das BMEL auch jüngst auf dem digitalen Waldsymposium des AGDW präsentiert. Dies bedeutet aber gleichzeitig auch, dass die Waldbesitzer aufgefordert sind ihre Wälder aktiv zu pflegen. Für wen das zu viel Aufwand bedeutet oder sich auf Grund von Kleinparzellierung seines Waldes/seiner Wälder schlicht nicht rechnet, für den bieten sich z.B. die erfolgreichen FBGs an, die es bundesweit in allen Bundesländern gibt.

Jens Stange ist Außendienstmitarbeiter der Münchener & Magdeburger Agrar sowie Betriebsbetreuer und selbst Land- und Forstwirt im Nebenerwerb. Herr Stange berät private Waldbesitzer, Stiftungen und Körperschaften hinsichtlich einer Absicherung zur Brand- und Sturmversicherung. Herr Stange ist für Rückfragen direkt telefonisch unter 0151/56 42 43 90 zu erreichen.

Der Waldboden ist Boden des Jahres 2024.

Am 5. Dezember 2023, dem Weltbodentag, kürte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) den Boden des Jahres 2024: Es ist der Waldboden.

Aus Sicht der IG Waldbodenschutz ein zentraler Schritt, um die Wahrnehmung des Waldbodens und seine immense Bedeutung im Zusammenhang mit den Herausforderungen des Klimawandels zu unterstützen.

Knapp ein Drittel der Fläche Deutschlands (11,4 Mio. ha) ist von Wald bedeckt. Waldböden mit ihren Humusauflagen sind sehr vielgestaltig und erbringen wichtige Ökosystemleistungen. Sie sind vielen Umwelteinflüssen ausgesetzt und daher besonders schützenswert.

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Regeneration von Versauerungsschäden in Waldböden

Die Wälder Mitteleuropas litten in den 1970er Jahren stark unter dem sogenannten „Waldsterben“ und sie leiden bis heute.

Ausgelöst durch Emissionen von Schwefel- und Stickstoffverbindungen führte der saure Regen damals zum Absterben der Wälder auf großen Flächen.

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Regenerationsorientierte Bodenschutzkalkung

Bodenschutzkalkung bewirkt eine Verbesserung des Säurezustandes und des Nährstoffhaushaltes in Böden.

Bodenversauerung findet zwar natürlich statt, jedoch nicht in dem Ausmaß, in dem wir sie im letzten Jahrhundert verstärkt erlebt haben.

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Am 5. Dezember ist Weltbodentag.

Der Weltbodentag am 05.12.2021 weist auf die Bedeutung dieses wichtigen Lebensraums hin.

Gerade den Waldböden muss im Zuge des Klimawandels und beim Waldumbau vermehrt Bedeutung geschenkt werden. Dies beweisen abermals die neuesten Studien wie u.a. aus Baden-Württemberg.

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Bodenschutz im Wald

Eine Handreichung für die Praxis zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Waldböden

Zentraler Grundsatz der deutschen Forstwirtschaft ist die nachhaltige Nutzung des Waldes. Die Basis hierfür ist ein effektiver, auf den Erhalt und, wenn nötig, auf die Wiederherstellung der natürlichen Bodengüte ausgerichteter Bodenschutz.

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Interview mit der IG Waldbodenschutz

Der Wald, das beschreibt der jüngst erschienene Waldzustandsbericht des Bundes, ist in so schlechtem Zustand wie seit sehr langer Zeit nicht mehr. Und mit dem Wald stehen oft auch Existenzen auf dem Spiel. Manche glauben eine Lösung für das Dilemma gefunden zu haben. Andere haben sich speziell dem Schutz des Waldbodens verschrieben und die Nächsten möchten das Waldwissen mehren. In dieser Podcast-Folge kommen sie alle zu Wort…

Marko Litzenberg von Podometer hat in einem interessanten Podcast aus der Serie "Landfunk" u.a. mit Klaus von Wilpert und Dr. Frank Liemand von der IG Waldbodenschutz gesprochen.

Das Interview mit der IG Waldbodeschutz beginnt ab Minute 26 im folgenden Podcast.

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Saure Wälder in Schleswig-Holstein: Hilfe kommt aus der Luft

Nährstoffmangel betrifft auch die Waldböden in Schleswig-Holstein. Viele sind übersäuert. In einem Privatwald im Kreis Rendsburg-Eckernförde kommt deshalb eine besondere Methode zum Einsatz.

Es sieht aus wie eine große Staubwolke, die über den Baumkronen schwebt. Ein Hubschrauber hat gerade eine Ladung Kalk über dem Privatwald in Hohenwestedt verteilt. Mit dieser Aktion wird der Wald gedüngt. So soll der Boden wieder neutralisiert werden. "Tests haben ergeben, dass der Boden zu sauer ist", erzählt der zuständige Bezirksförster Rolf-Martin Niemöller. Nach seinen Aussagen ergaben die Proben einen Wert zwischen 3,1 und 3,8. Zur Einordnung: Ein gesunder Wald hat einen neutralen Wert bei 7.

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