Bodenschutz im Wald

Eine Handreichung für die Praxis zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Waldböden
Zentraler Grundsatz der deutschen Forstwirtschaft ist die nachhaltige Nutzung des Waldes. Die Basis hierfür ist ein effektiver, auf den Erhalt und, wenn nötig, auf die Wiederherstellung der natürlichen Bodengüte ausgerichteter Bodenschutz.
Boden ist neben seiner Eigenschaft als Produktionsgrundlage und Wurzelraum für Bäume auch Lebensraum für Tiere, Pilze und Mikroben, er ist Speicher und Lieferant von Wasser und Nährstoffen, er filtert das Sickerwasser und speichert wasserschädliche Stoffe oder baut sie ab, und er ist ein klimarelevanter CO2-Speicher. Der Waldboden ist ein komplexes System, in dem vielfältige biologische, chemische und physikalische Prozesse ineinandergreifen. Die Bäume sind Teil dieser Prozesse: Mit ihren Wurzeln durchdringen sie den Boden lockern ihn ständig auf und, bringen Kohlenstoff in den Wurzelraum ein.
Die Entwicklung von Boden ist ein sehr langsamer Prozess. Störungen und Beeinträchtigungen wirken lange nach. Der Waldboden „vergisst“ nichts. Jahrhunderte intensiver Streunutzung, Eingriffe in den Bodenwasserhaushalt, Säure-, Schwefel- und Stickstoffeinträge sowie Blei und organische Verbindungen aus Luftverunreinigungen im Boden noch nach vielen Jahrzehnten wirksam.
Neue Entwicklungen – neue Herausforderungen
Qualität und Funktion von Waldböden ist durch zwei große Problembereiche gefährdet:
Saurer Regen hat besonders im 20. Jahrhundert den Zustand der Waldböden nachhaltig verschlechtert. Er hat aus dem Boden sehr viele Nährstoffe ausgewaschen und ein für viele Bodenlebewesen zu saures Milieu geschaffen. Als Folge sind viele Waldböden in ihrer Funktion als Pflanzenstandort, Lebensraum und Filter für Trinkwasser gefährdet. Hauptursache für die Schädigung von Wäldern und ihren Funktionen waren und sind Einträge von Säuren und Stickstoff mit dem Regen. Diese sind die Ursache einer Bodenversauerung, die in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Erhöhung der Säurestärke in nicht kalkhaltigen Waldböden um den Faktor 100 bis 250 geführt hat. Die Bodenreaktion liegt auf Böden, die nicht aus kalkhaltigen Gesteinen entwickelt haben, großflächig im pH-Bereich zwischen 3 und 4. Dies ist weit unterhalb der Grenze, die für die für Bodenstruktur und Bodenbelüftung so wichtigen tiefgrabenden Regenwurmarten noch erträglich wäre. Zum Schutz der Bodenqualität und zur Sicherung der Bodenfunktionen wurden deshalb in zahlreichen Bundesländern seit 1983 Bodenschutzkalkungen durchgeführt. Hauptziel dieser Bodenschutzkalkungen ist die Neutralisierung von Säureeinträgen, sowie die Wiederherstellung der natürlichen, vorindustriellen Nährstoffausstattung.
Lange Jahre waren Bodenschäden durch Befahrung im Wald kaum ein Thema. Seit 1985 wird der überwiegende Teil des geernteten Holzes durch immer leistungsfähigere und schwerere Forstmaschinen geerntet und aus den Waldbeständen herausgerückt. Fortschritte der Maschinentechnologie führten dazu, dass man Forstmaschinen nun auch auf solchen Standorten einsetzen konnte, die bislang als unbefahrbar galten. Dadurch hat die Bodenbelastung durch Forstmaschinen in unseren Waldbeständen deutlich zugenommen. Inzwischen ist bekannt, dass der Einsatz von schweren Forstmaschinen auf dem ungeschützten Waldboden schon bei der ersten Überfahrt zu gravierenden Bodenschäden wie Verdichtung, verminderte Wasserleitfähigkeit und Belüftung führen kann. Dies resultiert auf den meisten Standorten in einer massiven Reduktion von Dichte und Tiefe der Durchwurzelung, was zu Störungen in der Wasser- und Nährstoffversorgung der Bäume sowie deren Stabilität gegenüber Sturm führen kann.
Sieben Handlungsfelder bodenschonender Waldbewirtschaftung
Der weit verbreiteten, unnatürlichen Bodenversauerung und Nährstoffverarmung von Waldböden auf nicht aus kalkhaltigen Gesteinen entstandenen Bodentypen muss durch streng am standörtlichen Bedarf orientierte Maßnahmen entgegengewirkt werden. Dadurch sollen die immer noch anhaltenden Säureeinträge neutralisiert und die im Boden gespeicherten und schädlichen Säuremengen langfristig abgebaut werden. Hierbei sind drei Maßnahmenpakete zu nennen, die gemeinsam angewandt werden und sich gegenseitig ergänzen und verstärken:
- Zur effizienten und dauerhaften Wiederherstellung grundlegender Bodenfunktionen ist ein mittel bis langfristiges Konzept zur Bodenschutzkalkung und Nährelementrückführung erforderlich.
- Umwandlung der Wälder in Mischbestände mit hohem Anteil von bodenschonenden Laubbaumarten wie die Buche, die Stickstoff festlegen und den aktuellen Säureeintrag minimieren.
- Vor allem auf ärmeren Standorten muss zur Sicherung der Nährstoffvorräte das Nichtderbholz bei Holzerntemaßnahmen im Bestand belassen werden.
Die im Auftrag der Forstchefkonferenz (FCK) eingerichtete Arbeitsgruppe Boden beim KWF erarbeitete Anfang 2010 einen internen Abschlussbericht. Er enthält die entscheidenden vier „Stellschrauben“ als Maßnahmen für eine bodenschonende Bewirtschaftung unserer Wälder, deren Reihenfolge gleichzeitig auch deren Priorität kennzeichnet:
- Maßnahmen für eine dauerhafte Feinerschließung
- Technisch-biologische Maßnahmen zur Wiederherstellung der Rückegassen
- Organisatorische Maßnahmen (Ablauf- und Aufbauorganisation) zur Senkung der Beanspruchung und Belastung der Rückegassen
- Maschinentechnische Maßnahmen zur Senkung der Beanspruchung und Belastung der Rückegassen
Inzwischen wurden auf dieser Grundlage Strategien und technische Lösungen zur Bodenschonung bei der maschinengestützten Holzernte entwickelt. Maßnahmen wie Konzentration der Befahrung auf Rückegassen und Maschinenwege, die Verwendung breiterer Reifen, Luftdruckabsenkungen, Bogiebänder, Seilwinden- und Seilkrantechnik sind einige Beispiele, die Eingang in die Praxis gefunden haben. Gleichzeitig aber waren für den Wald und die Forstbetriebe tiefgreifende Belastungen wie Personalabbau, Umorganisation, große Sturmwürfe, massive Borkenkäferkalamitäten, eine Häufung von Dürrejahren und tiefgreifenden Strukturänderungen in der Holzwirtschaft zu verkraften. Dazu kommen neue Herausforderungen für die Holzernte wie ganzjährige Just-in-Time-Lieferverpflichtungen, klimatische Veränderungen mit z. B. einem deutlichen Rückgang der Wintertage mit Bodenfrost und mitunter auch eine fachliche und räumliche Entkopplung der Verantwortlichkeiten für Waldbau und Holzernte. Das Zusammenwirken dieser Entwicklungen stellt den Bodenschutz im forstlichen Betriebsalltag vor große Herausforderungen. Die bei der FNR verfügbare Broschüre fasst auf der Grundlage des KWF-Abschlussberichtes die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse mit hilfreichen Hinweisen und Empfehlungen im Sinne einer guten fachlichen Praxis des Bodenschutzes bei der Holzernte zusammen.
Die Broschüre ist unter folgendem Link gegen eine geringfügige Schutzgebühr zu beziehen bzw. als Download verfügbar:
Bodenschutz im Wald (4,9 MB)
Der Waldboden ist die Basis für eine nachhaltige Forstwirtschaft. Es ist daher im Interesse und gesetzliche Verpflichtung (BBodSchG, Landes- und Bundeswaldgesetz, BNatSchG, USchadG WhhG) aller Waldbesitzer, aller im Wald arbeitenden Menschen und auch der Allgemeinheit, den Waldboden gesund zu erhalten und ihn vor Beeinträchtigungen zu schützen. An sie alle richtet sich diese Broschüre.